Seit in manchen Schichten unserer Gesellschaft der ökologische Konsumstil schick geworden ist, machen sich auch Umweltpädagogen Gedanken darüber, wie man diesen Trend nutzen könnte, um das Konsumentenverhalten insgesamt nachhaltiger zu machen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützte deshalb ein Projekt der Unternehmensberatung stratum, das nunmehr abgeschlossen wurde und neue Einsichten in die Psyche des modernen Öko-Konsumenten brachte. Das Dokument der Abschlusskonferenz, die unter dem Titel „Konsumwende“ stattfand, ist jetzt im Internet verfügbar. Es zeigt, wie neue Möglichkeiten der Kundenansprache aussehen könnten, um den ökobewussten Konsum aus den verschiedenen Ecken unserer Gesellschaft heraus zu holen.
Wie man aus der Müsli-Ecke heraus kommt, zeigt ein Konsumtrend, der unter der Bezeichnung LOHAS (für Lifestyle of Health and Sustainability) bekannt geworden ist. LOHAS-Konsumenten schaffen die Balance zwischen Hedonismus und Gutmenschentum, sagt stratum-Geschäftsführerin Claudia Kerns. Sie verbinden Welten, die bisher getrennt schienen. Konsumfreude und Ökobewusstsein passen für diese Zielgruppe zusammen. Man findet sie in den „Bionade-Biotopen“ zwischen Prenzlauer Berg und Tübingen. Eine Zeitlang sah es so aus, als ob die Welt durch Konsum besser werden könnte, wenn man es nur wie die LOHAS machte, die viel Geld im Öko-Supermarkt lassen und bei Fernreisen mit dem Flieger ein latent schlechtes Gewissen haben.
Die Hoffnungen, die man in die LOHAS setzte, wurde jedoch durch die Untersuchung gedämpft, die stratum im Rahmen des DBU-Projekts bei der Hamburger Agentur &EQUITY in Auftrag gab. Diese Studie, die es erstmalig nicht bei einfachen Befragungen beließ, sondern mit speziellen psychologischen Methoden an die emotionale Basis des LOHAS-Konsumenten vordrang, zeichnete nämlich ein enttäuschendes Bild der LOHAS. Letztlich seien es „Öko-Egoisten“, die mit billigen alltagsökologischen Verhaltensweisen ihr Gewissen beruhigen, aber politisch eher desinteressiert, dafür ich-bezogen und harmoniesüchtig seien. Zwar scheint durch den neuen grünen Lebensstil das Öko-Thema tatsächlich zum Ego-Thema zu werden und an gesellschaftlicher Breite und Akzeptanz zu gewinnen, aber es verliert dadurch auch an intellektueller Tiefe und politischem Bewusstsein. Die Ergebnisse der Studie wurden entsprechend kontrovers diskutiert und der Graben zwischen den politischen und den konsumistischen Verfechtern der Nachhaltigkeit schien unüberbrückbar.
Die stratum-Experten gaben jedoch nicht auf und wollten diese Grabenkämpfe überwinden. Die Lösung fanden sie im Konzept des Neuromarketings. „Uns wurde klar, dass unsere Konsumentengehirne limbisch-emotional angesprochen werden wollen, um von Nachhaltigkeitsbotschaften überzeugt zu werden“, stellt der stratum-Berater und Diplom-Soziologe Richard Häusler heute fest. Auf der „Konsumwende“-Konferenz wurde dieser Lösungsansatz vorgestellt und mit Praktikern aus Marketing, Medien, Umwelt und Wirtschaft diskutiert. Das Dokument stellt alle Akteure und ihre Auseinandersetzungen sowie die von stratum aus den Untersuchungen abgeleitete „Marketingformel“ für den nachhaltigen Konsum vor.