Deutschland will Vorreiter sein beim Umweltschutz. Die Fakten:
Klima retten: Die Regierung verspricht, im Vergleich zu 1990 bis 2020 bis zu 40 Prozent der Treibhausgase einzusparen. Um das zu erreichen, soll es für Autofahrer, Hausbesitzer, Unternehmer Auflagen geben. Darauf hat sich das Kabinett auf der Sommerklausur in Meseberg geeinigt. Doch statt dies schnell umzusetzen, streiten sich die Ministerien nun über Formeln. Rüdiger Rosenthal vom Umweltverband BUND ärgert vor allem, dass in Deutschland 45 neue Kohlekraftwerke geplant sind: „So sind die Klimaziele nicht zu schaffen.“
Tiere schützen: Die Deutschen machen mit Straßen und Parkplätzen, Häusern und Fabriken Natur platt. Deutschland peilt seit langem an, dass im Jahr 2020 pro Tag nicht mehr als 30 Hektar verbraucht werden. Noch sind es jedoch 120. SPD-Bundesumweltminister Sigmar Gabriel arbeitet nun an einer „Nationalen Biodiversitätsstrategie“. Doch geht es nur mühsam voran: Sie sollte im Frühherbst fertig sein, nun ist sie für November angekündigt.
Luft entstauben: Das Land verstaubt – „das muss und darf nicht sein“, erklärt Rainer Baake von der Deutschen Umwelthilfe. Seit Anfang 2005 verlangt eine EU-Norm, dass die Luft an nicht mehr als 35 Tagen pro Jahr über 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter enthält. Die Partikel sind verdächtig, beim Menschen Krebs zu erzeugen. In Städten wie Dortmund, Cottbus, München und anderen Städten ist der zulässige Wert trotzdem schon im Herbst überschritten. Hauptverursacher sind Dieselfahrzeuge. Lokalpolitiker sind verpflichtet, Abhilfe zu schaffen – etwa durch Tabuzonen für rußende Autos. Baake moniert: „Kommunen sind zu zögerlich“.
Wasser reinigen: BUND-Experte Christian Schweer sagt: „60 Prozent des Grundwassers sind mit Schadstoffen belastet.“ Ackergifte machten so große Probleme, dass bis zu 70 verschiedene Chemikalien in einer Probe nachgewiesen würden. Deutsche Landwirte spritzen jedes Jahr 30.000 Tonnen Pestizide. Nur Ökobauern verzichten auf Chemie. Deutschland hat sich – das war, als Rot-Grün regierte – zwar zum Ziel gesetzt, dass 20 Prozent der Äcker 2010 ökologisch bewirtschaftet werden. Bis heute sind es – knapp 5 Prozent.
Land beruhigen: Statt leiser wird es lauter, etwa für Anwohner von Flughäfen: Der Flughafen Frankfurt/Main soll ausgebaut werden. „Schon heute starten und landen dort 90 Flugzeuge in der Stunde“, sagt Joachim Hans Beckers von der Bundesvereinigung gegen Fluglärm. Die Städte müssen, so will es die EU, kartieren, wo es zu laut ist, und dann „Lärmminderungspläne“ erstellen. „Vor 2020“, so meint Umweltschützer Rosenthal, „wirkt das nicht.“
© taz vom 26.10.2007