»Werte Kreisvorständler,
liebe Freunde,
ich habe am Samstag bei der Mitgliederversammlung meinen Austritt aus der Partei „Die Grünen“ erklärt: das war kurz, heftig, ein wenig erregt – nicht „verbittert“ wie einige meinten – und für viele überraschend. Nun will ich Euch das schriftlich begründen.
Ich bin mit der Entscheidung der Bundesregierung, sich am „Krieg gegen den Terrorismus“ in der in Berlin beschlossenen Art und Weise zu beteiligen, nicht einverstanden. Angefangen von der „bedingungslosen Solidarität“ bis zur Vertrauensfrage des Kanzlers, ist hier eine Geschwindigkeit vorgelegt worden, die abwägende Alternativen nicht zuließ. Die Chance, Europa ins Spiel zu wbringen, wurde vertan; ein Krieg soll geführt werden, der keine Grenzen und definierte Gegner kennt; über ökonomische Interessen in der Region wird nicht geredet; das völkerrechtliche Verbot, unbeteiligte, sogenannte „unschuldige“ Zivilisten zu schonen, wird übergangen; das Parlament mit dem Druck auf die Entscheidungen der Abgeordneten delegitimiert usw. Das sind Entscheidungen der Regierung und des Parlaments, die ich kritisiere, aber nicht beeinflussen kann, außer bei der nächsten Wahl.
Nun hat aber der Parteitag der Grünen in Rostock diesen Kurs mehrheitlich akzeptiert und das ist für mich der Grund zum Austritt. Ein Parlament hat das Volk zu repräsentieren, aber eine Partei nur ihre Wähler oder Mitglieder, und das ist immer nur ein Spektrum des Ganzen. 6 oder 8 oder 12 Prozent Vertretung des Volkes reichen doch aus? Natürlich weiß ich um die Gefahr für die Koalition und damit für die Regierung. Aber Opposition ist doch keine Schande! Auch um den Preis der Regierungsbeteiligung muss die Grüne Partei erkennbar und vor allem unterscheidbar sein. Und das ist sie leider in dieser – für mich wesentlichen Frage – nicht, die ich auch nicht gegen Atomausstieg, Schwulenehe oder Korrekturen in Schilys Sicherheitspaket u.ä. aufrechnen mag. Mitgliedschaft in einer Partei ist neben finanziellem, zeitlichem und persönlichem Engagement immer auch öffentliche Identifikation. Und die ist für mich nicht mehr möglich.
Ich will noch zwei Sätze zum Stichwort „Pazifismus“ sagen. Ich verstehe mich als Antimilitarist. Doch die Art und Weise, wie der politische Pazifismus jetzt niedlich geredet (wörtlich bei der Mitgliederversammlung „verdient Respekt – ehrenwert – sympathisch“) oder in umgekehrt revisionistischer Tradition nicht als „Mittel, sondern als Ziel“ definiert wird, ist absurd, weil sie die Frage von Krieg und Militär im Rahmen der politischen Strategie und Ziele außer Acht lässt. Krieg – selbst als ultima ratio – ist für die Grünen zu einem möglichen Mittel der Politik geworden. Und das halte ich für historisch überholt, moralisch obsolet und politisch falsch.
Wie Ihr seht, ist das im wesentlichen eine außenpolitische Entscheidung, die mich austreten lässt. Was die Kommunalpolitik angeht, insbesondere die Politik der Ratsfraktion der Grünen, habe ich nichts zu kritisieren, im Gegenteil, ich finde das meiste richtig und für Köln angemessen. Und das heißt auch, dass ich – wo notwendig und für mich relevant – dies weiter unterstützen werde. Schließlich haben ja auch die Grünen eine lange und nicht unwichtige Tradition mit „Parteilosen“ zusammenzuarbeiten.
So long und mit Grüßen
Martin Stankowski, Köln«