25. Februar 2010 | Erderwärmung

Januar 2010 bricht Wärmerekord trotz Minusgrade

von Boris Schinke (Germanwatch). Bonn


In diesem Winter haben Schnee, Eis und Wind weite Teile der Nordhalbkugel fest im Griff gehabt. Vor diesem Hintergrund wird so manchen die Nachricht überraschen, dass der Januar 2010 im globalen Durchschnitt extrem warm war.

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Nachdem noch vor wenigen Wochen das Jahr 2009 als das zweitwärmste Jahr, der vergangene November sogar als der wärmste November der letzten 130 Jahre vorgestellt wurden, hatten seit Mitte Dezember Schnee, Eis und Wind weite Teile der Nordhalbkugel fest im Griff. Von Sibirien bis an die Westküste der USA erstreckte sich das Band der Kältewelle. Flugzeuge blieben am Boden, Dächer stürzten ein, Norddeutschland wurde zum vorübergehenden Ski-Paradies und in den USA saßen Hunderttausende während des „Snowmaggedons“ im Dunkeln. Vor diesem Hintergrund und entgegen unserer Wahrnehmung mag die Nachricht überraschen, dass der Januar 2010 global einen neuen Wärmerekord aufgestellt hat.

Neueste Satellitenaufzeichnungen lassen aber keinen Zweifel zu: Innerhalb der letzten 32 Jahre waren die bodennahen Temperaturen im Januar noch nie so hoch wie in diesem Januar (0,72 Grad gegenüber dem 32jährigen Mittelwert). Nicht einmal im Januar des Jahres 1998, welches bis dato als das wärmste Jahr seit Beginn der meteorologischen Temperaturmessungen galt, wurde der Wert von 2010 erreicht. Diese Aussage wird zusätzlich noch durch die Boden- und Meeresstationen des staatlichen US-Wetterdienstes NOAA bestätigt, welche den Januar 2010 zum viertwärmsten Januar seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert zählt (0,6 Grad über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts).

Die Bestätigung des Temperaturtrends durch die Boden- und Meereswerte ist dabei insbesondere für viele Klima-Skeptiker lehrreich, die bis zuletzt an der Gültigkeit von Bodenmessungen zweifelten und die Erwärmung auf den Effekt städtischer Wärmeinseln zurückführten. Die in den aktuellen Messungen sichtbare Übereinstimmung ähnlicher Messungen mithilfe unterschiedlicher Methoden ist ein Beleg dafür, dass die Gültigkeit doch vorliegt.

Doch wie lässt sich der außerordentlich warme Januar weltweit erklären, obwohl hier zu Lande unsere Thermometer seit Wochen nun schon Fröstel-Werte anzeigen? Nun, zunächst einmal besteht unser Globus – und damit auch die für die globale Durchschnittstemperatur relevanten Gebiete – nicht nur aus den Landflächen Europas und der USA, sondern auch aus einer Südhemisphäre, auf der gegenwärtig ein außerordentlich starkes El-Nino-Phänomen die Temperaturen im Pazifik-Raum stark erhöht. Hinzu kommt, dass, während die durchschnittlichen Temperaturen in Deutschland mit -3,7 °C deutlich unter dem vieljährigen Mittelwert (-0,5°C) lagen, unüblich hohe Temperaturen hingegen auf Grönland, der Arktis und Nordkanada gemessen wurden. So ist beispielsweise bei frühlingshaften 12 Grad in Vancouver – ganz zum Leid der Organisatoren – von Olympia-Atmosphäre bislang nur wenig zu spüren. Ironischerweise scheint jedoch ein Etappenziel der Stadtväter bereits jetzt schon erreicht: Vancouver bis 2020 zur „grünsten Stadt der Welt“ werden zu lassen.

Dass dieses Ziel allerdings ausgerechnet mit Beginn der Winterolympiade erreicht würde, damit hatte man in Vancouver sicherlich nicht gerechnet. Ein sehr ähnliches Bild zeigt sich in der Arktis, wo nach einem Tiefstand im Herbst 2007 und einer anschließenden anfänglichen Erholung der arktischen Meereseisfläche Ende Januar 2010 ein erneuter Negativrekord erreicht wurde.

Die Ursache für die ungewöhnlichen Temperaturmuster auf der Nordhalbkugel ist vielschichtig und vor allem in einer seltenen, aber nicht einmaligen Anordnung der Tief- und Hochdruckgebiete über Island bzw. den Azoren zu suchen. Seit Wochen schon herrscht über den nördlichen Breiten (Island) ein höherer Luftdruck als über den Breitengraden Südeuropas.

Die Folge ist, dass anstelle von normalerweise vorherrschenden milden Westwinden nun eiskalte arktische Luftmassen bis nach Westeuropa bzw. an die Ostküste der USA  vordringen.

Ob diese Laune der Natur allerdings auch in Zukunft vermehrt auftreten wird, kann bislang nicht eingeschätzt werden. Im Gegenteil: Es werden aufgrund der erhöhten Treibhausgaskonzentrationen eher mildere Winter erwartet.
Fazit: Wer die aktuelle Kältewelle auf der Nordhalbkugel zum Anlass nimmt die globale Erwärmung in Frage zu stellen (siehe u.a. FOCUS-Titelthema im Januar 2010: „Fällt die Klimakatastrophe aus?“), verwechselt die Begriffe Wetter und Klima. Regional ungewöhnliche Wetterlagen weichen oftmals vom langjährigen Trend der Globaltemperatur ab. Global und über mehrere Jahrzehnte betrachtet ist der Aufwärtstrend der Temperaturen jedoch auch in 2010 ungebrochen. Vor dem Hintergrund eines starken El-Nino-Phänomens erwarten sowohl das britische MetOffice des Hadley Centers als auch das amerikanische Goddard Institute of Space Studies der NASA (GISS) sogar, dass dieses Jahr womöglich einen neuen Temperaturrekord setzen könnte.

Profil: www.germanwatch.org

Weitere Infos: www.ncdc.noaa.gov Suchabfrage

Featured Image: Reinhard Grieger / PIXELIO


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