„Die Messlatte für Cancún ist, ob der Einstieg in diesen Strategiewechsel gelingt“, kommentiert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.
Grundlage des notwendigen Strategiewechsels könnte der Vorschlag sein, den die Verhandlungsleiterin der Klimarahmenkonvention vor wenigen Tagen vorgelegt hat. Dieser sieht vor, in Cancún zunächst über die Punkte zu entscheiden, die fast ausgehandelt sind: Regenwaldschutz, Anpassung, Technologiekooperation, Finanzierungsfonds und die Kompetenzbildung in Entwicklungsländern. Parallel soll in Cancún oder spätestens in Südafrika (2011) die freiwillige Selbstverpflichtung aus dem Kopenhagen Accord als formale Entscheidung festgeklopft werden. „Hier wird es wichtig sein, dass diese freiwilligen Ziele zunächst als Minimalziele anerkannt werden, und sich die Staaten auch im UN-Prozess auf das Zwei-Grad-Limit einigen“, erklärt Bals.
Mit einer weiteren Überprüfung bis 2015 sollen die Lücken zwischen den Minimalzielen und dem Zwei-Grad-Limit identifiziert und geschlossen werden, um das Abkommen nachzubessern. „Es wäre ein Durchbruch für den Erfolg von Cancún, wenn dieser Vorschlag für den Verhandlungstext als Grundlage für die Verhandlungen akzeptiert würde. Dies wäre der Einstieg in den notwendigen Strategiewechsel“, so Bals weiter.
Auch die Hauptakteure können die Dynamik der Verhandlungen beeinflussen.
Nachdem sich die USA für die weitere internationale Klimadebatte selbst ins Abseits gestellt haben, schaut die Welt insbesondere auf China und die EU. Bewegen sich diese beiden Giganten im kommenden Jahr über die Minimalziele hinaus, die sie in Kopenhagen zugesagt haben? Für China ist insbesondere der im kommenden März zu verabschiedende Fünfjahresplan die Nagelprobe. Für die EU steht im kommenden Jahr die Entscheidung an, das eigene Reduktionsziel für 2020 von 20 Prozent auf 30 Prozent zu erhöhen.
Gerade hat die Mehrheit des Europarlaments signalisiert, dass es diesen Schritt im eigenen Interesse der EU unterstützt.
Zum anderen geht es um die Glaubwürdigkeit der in Kopenhagen gemachten Finanzzusagen der EU-Staaten. Als „außerordentliches, solidarisches Signal“, hatte Kanzlerin Merkel in Kopenhagen für Deutschland im Zeitraum von 2010 bis 2012 insgesamt 1,26 Milliarden Euro, also durchschnittlich 420 Millionen Euro jährlich, als „neue und zusätzliche Mittel“ angekündigt. Aus diesem Signal wird nichts. Auch Deutschland legt hauptsächlich Doppelzählungen von Versprechen auf den Tisch, die schon vor Kopenhagen gemacht worden waren. So wird zum Beispiel das Geld, das bereits auf der Biodiversitätskonferenz 2008 in Bonn versprochen worden war, jetzt auch noch einmal als Klima-Schnellstart-Geld gezählt. Die Bundesregierung lässt sogar Kredite, die sie an die Climate Investment Funds der Weltbank vergibt, in voller Höhe anrechnen. Dies ist quasi „virtuelles Geld“, da es sich weitgehend um Buchungsgrößen, nicht um echte Haushaltsmittel handelt.
Immerhin – ein geringer Anteil des deutschen Beitrags zur Schnellstartfinanzierung ist „frisches Geld“: 2010 gab es 70 Millionen Euro (je zur Hälfte im Haushalt von Umwelt- und Entwicklungsministerium
eingestellt) und für das Haushaltsjahr 2011 sind es 58 Millionen Euro, die als Zuschüsse zwei wichtigen UN-Fonds zufließen. Außerdem ist es gelungen, mit dem Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ einen zweckgebundenen Geldtopf außerhalb des offiziellen Haushalts einzurichten. Darin stehen für 2011 erstmalig 35 Millionen Euro für den internationalen Klimaschutz zur Verfügung. „Bei den Industrieländern, auch in Deutschland, liegt nur ein Bruchteil des versprochenen neuen und zusätzlichen Geldes auf dem Tisch. Das ist einer der Punkte, an denen Cancún scheitern kann“, erklärt Bals.
2 Antworten zu “Gelingt der Strategiewechsel in Cancún?”
Heftig! So eine Story hatte ich garnicht fur moglich gehalten ;-)
Da frage ich mich beim Lesen von magazin.cultura21.de ja schon, ob man doof war. Dankeschon fur deine Erklarungen