Nach Angaben der Europäischen Kommission werden jedes Jahr 700.000 Frauen und Kinder Opfer von internationalem Menschenhandel; bis zu 120.000 von ihnen werden jährlich nach Westeuropa verschleppt.
Die Annahme, dass Menschenhandel weltweit ein Problem großen Ausmaßes ist, basiert häufig auf Schätzungen. In einem interdisziplinären Forschungsprojekt unter der Leitung der Göttinger Entwicklungsökonomen Axel Dreher und Seo-Young Cho werden Wissenschaftler Daten aus unterschiedlichen Statistiken zusammenfassen, um Ansatzpunkte zu finden, wie europaweit gezielt Opfer geschützt und Täter verfolgt werden können. Das Team aus Ökonomen, Politologen und Kriminologen wird einen Index über die Anzahl der Fälle von Menschenhandel in den Ländern Europas erstellen und anschließend Ursachen und Folgen untersuchen. Die Europäische Kommission fördert das internationale Forschungsprojekt in den kommenden zwei Jahren mit insgesamt 324.000 Euro.
Einem Bericht des Europarats zufolge ist der Menschenhandel die drittgrößte Einnahmequelle der organisierten Kriminalität. Bislang fehlen jedoch vergleichbare landes- und regionenspezifische Statistiken, um ein europaweit abgestimmtes Vorgehen zu planen. Die Göttinger Entwicklungsökonomen werden bereits vorhandene Datenbanken wie zum Beispiel die des United Nations Office on Drugs and Crime auswerten und daraus einen „Composite Index of Trafficking in Europe (CITE)“ erarbeiten. „Wir wollen eine aussagekräftige Maßeinheit schaffen, die das länderspezifische Ausmaß und die zeitliche Entwicklung von Menschenhandel vergleichbar macht“, so Seo-Young Cho. Axel Dreher forscht zu Fragen von Menschenrechtsverletzungen und internationaler Migration und gilt als Experte auf dem Gebiet der Indexierung. Der von ihm mitentwickelte KOF Globalisierungsindex spielt eine wichtige Rolle in wissenschaftlichen und politischen Debatten.
An dem Projekt „Indexing Trafficking in Human Beings: Gauging its Trends, Causes and Consequences in the European Dimension“ beteiligen sich auch Wissenschaftler der London School of Economics and Political Science, der niederländischen Tilburg Universität, der State University of New York sowie des United Nations Interregional Crime and Justice Research Institute und der International Organization for Migration.