Weltweit inspiriert die Forschung von Elinor Ostrom Menschen, die ganz unterschiedliche Probleme lösen wollen. Wie lassen sich Fischgründe so nutzen, dass sie Fischer auch übermorgen ernähren? Können Bürger einer Stadt gemeinsam ihre Wasserversorgung organisieren? Wie findet sich ein gerechter Ausgleich der Interessen von Urhebern und Nutzern im Netz?
Wie, so die Grundsatzfrage, lässt sich der ewige Konflikt zwischen den Ansprüchen des Einzelnen und der Gesellschaft in einer Welt knapper Ressourcen ausbalancieren?
Dem Staat allein traute die Politologin Ostrom das ebenso wenig zu wie dem Markt, auf dem private Eigentümer ihre Ressourcen schützen. Sie dachte einen dritten Weg, den einer gemeinsamen Verwaltung von Ressourcen, nach gemeinsam festgelegten Regeln, die stetig fortentwickelt, verändert und überwacht werden.
In „Die Verfassung der Allmende“, ihrem 1999 auf Deutsch erschienen Hauptwerk, legte sie ihre Theorie von „Commons“ dar, von gemeinschaftlich genutzten und verwalteten Gütern. Es ist Ostroms Verdienst, die „Allmende“ von dem Attribut „tragisch“ befreit zu haben, das nach dem berühmten Aufsatz – „Die Tragik der Allmende“ des Ökologen Garrett Hardin – fest an dieser klebte. Wenn etwas allen gehört, so Hardin, wird es rücksichtslos ausgebeutet.
Ostrom hingegen entdeckte die Rationalität und Disziplin, mit der Menschen Gemeingüter nutzen können. Zusammen mit dem Ökonomen Oliver E. Williamson erhielt sie für ihre Arbeit 2009 den Wirtschaftsnobelpreis.
Geboren in Kalifornien und aufgewachsen während der Weltwirtschaftskrise, studierte Ostrom Politikwissenschaften. 1965 ging sie als Dozentin an die Uni von Indiana in Bloomington, erlangte schließlich eine Professur und blieb. Auf ihren Reisen erforschte sie Regeln und Grundlagen von „Commons“. Dass sich unter diesem Begriff weltweit Menschen sammelten, die ein selbstbestimmtes Leben „jenseits von Staat und Markt“ führen wollen, hat die bis zuletzt Lehrende aktiv miterlebt und begleitet. Am 12. Juni 2012 starb Elinor Ostrom in Bloomington.