Tatsächlich ist es ein großer Unterschied, ob über Kunst von Frauen oder über „Frauenkunst“ gesprochen wird. Die Praxis zeigt, dass der Blick immer noch auf die besonderen Produktionsbedingungen gerichtet wird, die das Etikett „weiblich“ oder „Ausnahmefrau“ rechtfertigen. Eine solch abwertende Verkürzung ist symptomatisch für den Umgang mit der irritierenden Tatsache, dass es tatsächlich Frauen gibt, die hauptberuflich Kunst machen – und davon leben.
Das anvisierte Ziel des 1981 in Bonn neu gegründeten Frauenmuseums, Kunst von Frauen zu fördern und Frauengeschichte aufzuarbeiten, ist damals schon nicht nur auf Zustimmung gestoßen. Wurde Anfang der 1980er Jahre, nach gut zehn Jahren deutscher Frauenbewegung, doch besonders heftig und kontrovers über das Thema „Frauenausstellung“ diskutiert. Ein zentrales Argument der Kritik an der Gettoisierung weiblicher Künstler im Kollektiv eines Frauenmuseums war die an poststrukturalistischen Theorien orientierte Differenzfrage: die Biologisierung des Unterschiedes männlicher und weiblicher Kreativität.
Die institutionelle Vernachlässigung der Künstlerinnen hat eine lange Tradition. Die Unsichtbarkeit weiblicher Kunst war zu einer kaum je hinterfragten Selbstverständlichkeit geworden, die erst im Fahrwasser der Emanzipationsbewegungen des 20. Jahrhunderts überhaupt wahrgenommen, hinterfragt und endlich ansatzweise aufgehoben wurde. Dank solcher Initiativen, wie sie von Marianne Pitzen und ihren Mitarbeiterinnen nun schon so viele Jahre mit dem Frauenmuseum in Bonn realisiert werden. Die Direktorin beschreibt den gesellschaftspolitischen Auftrag, dem sich alle Beteiligten auch nach 25 Jahren noch mit erstaunlich großem Engagement widmen. In gut 500 Ausstellungen und Projekten mit rund 2.500 Künstlerinnen wurde die politische Diskussion gesucht und fortgeführt, wurde historische Recherche und interdisziplinäre Feldforschung betrieben. Das Fehlen von Werken weiblicher Künstler in den öffentlichen Institutionen wurde als paradigmatisch für die herrschenden Strukturen erkannt, dem Abhilfe zu schaffen ein Lebenswerk ist.
Zwar hat es auch früher schon einzelne Künstlerinnen gegeben, die sich in der männlich dominierten Szene behaupten konnten und durchaus erfolgreich waren. Der Weg bis hierher aber war und ist immer noch mühsam. Georgia O’Keefe etwa, Agnes Martin, Helen Frankenthaler oder Eva Hesse gehörten eine Zeit lang zum inner circle. Heute könnte man Katharina Sieverding, Rosemarie Trockel oder Valie Export nennen. Ihre künstlerischen Entwürfe werden rezipiert vor dem Hintergrund der herrschenden Konventionen und in Auseinandersetzung mit denen ihrer männlichen Kollegen. Der Preis der Anerkennung indes war häufig sehr hoch und diejenigen Künstlerinnen, die es „geschafft“ hatten, wurden immer schon gerne als Ausnahmefrauen betrachtet, als Aussteigerin oder Diva, als einsame Heldin. Das stereotype Bild von kreatürlicher Weiblichkeit aber wird wohl niemals zur Gänze aus den Köpfen verschwinden, denn viele Künstlerinnen scheinen gerade aus ihrer „natürlichen“ Andersheit ihre Selbstdefinition abzuleiten. In der Bonner Jubiläums-Ausstellung „Prophetinnen“ wird eine solche Selbststilisierung etwa in der erdfarbenen Rauminstallation „Raum der Frauen“ von Adelheid Kilian (mit 122 anderen Frauen zusammen) aufs Schönste zelebriert. Unter Berufung auf prähistorische Göttinnen soll die „Machtfülle von Frauen auf die Fähigkeit, Leben zu gebären“ zur Darstellung kommen. Ein wunderbares Werk ist entstanden, das alle Klischees bedient.
Das Bonner Frauenmuseum hat in den letzten 25 Jahren dazu beigetragen, das Thema Kunst von Frauen und „Frauenkunst“ nicht nur im Ausstellungsbetrieb und der nahen Szene zu etablieren, sondern auch dazu, den theoretischen Diskurs immer wieder zu füttern und zu befruchten: ein nach wie vor äußerst wichtiger Auftrag.
© Das Interview wurde in der TAZ-NRW vom 24. Januar 2006 veröffentlicht
——————————————
Kontakt
Frauenmuseum
Im Krausfeld 10
53111 Bonn
Tel. 0228/ 69 13 44