In der aktuellen Klimadiskussion wird die Rolle der Landwirtschaft sehr unterschiedlich wahrgenommen. Sie gilt als Betroffene des Klimawandels ebenso wie als Mitverursacher, und nicht selten sind die Einschätzungen interessengeleitet. „Die Anteile am Ausstoß von Treibhausgasen durch die Landwirtschaft unterscheiden sich je nach Betrachtungsweise“, sagt Annette Freibauer, Klimaforscherin am Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI) in Braunschweig. Damit die Diskussion nicht beliebig wird, fordert sie, bei der Interpretation der vorliegenden Daten klare und einheitliche Rahmenbedingungen einzuhalten. Diese liegen mit den Regeln zur internationalen Berichterstattung für das Kyoto-Protokoll vor.
Durch die landwirtschaftliche Produktion direkt verursachte Treibhausgase sind vor allem das Methan aus der Rinderhaltung und das Lachgas aus der Düngung. Auch aus entwässerten Mooren werden erhebliche Mengen klimarelevanter Gase frei. Andererseits trägt die Landwirtschaft durch den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen auch zum Klimaschutz bei. Je nachdem, welche Teile dieses Gesamtsystems man in seine Bewertung einbezieht, kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Im Rahmen des Kyoto-Protokolls sind international abgestimmte Methoden zur Erfassung der Treibhausgase entwickelt worden. Die nationalen Zahlen für den Bereich Landwirtschaft werden vom Johann Heinrich von Thünen-Institut einheitlich erhoben und als offizielle Daten für die Treibhausgas-Emission der deutschen Landwirtschaft veröffentlicht.
Nach den Erhebungen des vTI belaufen sich die Emissionen von Lachgas aus der Düngung und Methan aus der Viehhaltung auf rund 66 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Dazu werden der Landwirtschaft 47 Millionen Tonnen CO2 durch die Bewirtschaftung von Mooren und Landnutzungsänderungen, vor allem den Umbrumch von Grünland, zugeschrieben. Zusammen sind dies 11,4 Prozent des gesamten Treibhausgasausstoßes in Deutschland.
Unbestritten ist, dass die Landwirtschaft – ebenso wie die Forstwirtschaft – durch ihre Produktion CO2 bindet, und zwar durch die Photosynthese der Pflanzen. Dieses wird später bei der Zersetzung der Ernterückstände oder beim Verzehr der produzierten Nahrungsmittel wieder frei. „Auf den 17 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in Deutschland werden auf diese Weise rund 127 Millionen Tonnen Kohlenstoff im Kreislauf gehalten. Das entspricht 466 Millionen Tonnen CO2. Dieser Kreislauf ist aber kein Klimaschutz, weil Bindung und Freisetzung im Gleichgewicht stehen“, resümiert Annette Freibauer.
In einer aktuellen Veröffentlichung machen Annette Freibauer und Steffen Pingen, Umweltreferent beim Deutschen Bauernverband, deutlich, dass der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen und Energiepflanzen die deutsche Klimabilanz erheblich verbessern kann, da fossile Rohstoffe eingespart werden. Dieser Effekt wird in der internationalen Berichterstattung aber nicht der Landwirtschaft, sondern anderen Sektoren positiv angerechnet. Andererseits belasten die Emissionen aus den Abgasen der Traktoren und der industriellen Herstellung von Mineraldüngern im nationalen Inventar die Sektoren Verkehr und Industrie und nicht die Landwirtschaft, obwohl sie Teil der landwirtschaftlichen Produktion sind. „Es ist daher wichtig, bei Angaben zu Emissionen der einzelnen Wirtschaftsbereiche genau zu beschreiben, welche Systemgrenzen gesetzt wurden“, betont die Klimaexpertin aus dem vTI.
Freibauer und Pingen sind sich einig, dass die Landwirtschaft ihre Treibhausgas-Emissionen künftig weiter absenken kann. Dabei kommt es im Wesentlichen darauf an, die Effizienz der Produktion weiter zu steigern und damit die Emissionen pro produzierter Einheit (Pflanzen, Fleisch oder Milch) zu senken.