“Schmeißen sie das Steak in die Pfanne, ich bin in 5 Minuten da.“ Das war der regelmäßige Telefonanruf meiner Mutter beim nahe gelegenen Restaurant. Damals war ich noch nicht einmal geboren, aber schon da trieb mein pränataler Heißhunger auf Fleisch meine Mutter nachts aus dem Bett. Meine Mutter hatte bedingt Ähnliches bei der Schwangerschaft mit meinem Bruder mitgemacht, dumm nur, dass nachts die Bäckereien geschlossen hatten und sie ihren unstillbaren Heißhunger nach Süßem nicht befriedigen konnte.
Fressneid gab es also zwischen meinem Bruder Boris und mir nur selten. Wie schon während der Schwangerschaft, blieben wir unseren jeweiligen Vorlieben treu. Boris konnte zu jeder Tages und Nachtzeit Kuchen, Kekse, Plätzchen verdrücken, völlig unbeachtet von mir. Mich interessierte der Süßkram nie. Dafür aber totes Tier. Schon immer!
Während andere Schulkinder ihre Nutella-Brötchen bunkerten, freute ich mich seit der ersten Stunde auf mein Wurstbrötchen. Und wenn unsere gute Fee, Gerlinde Förtsch, die uns ein par Jahre lang nach der Schule bekochte, sauer auf mich war, wusste sie genau, wie sie mich am schmerzlichsten treffen konnte: Kartoffeln, Spiegelei und Spinat. Nicht nur, dass ich wie jedes normale Kind Spinat verachtete – es war weit und breit kein Stück Fleisch auf meinem Teller zu sehen.
In meiner Jugend, als alle Mädchen ihre Mitgliedschaft auf dem Ponyhof auslaufen ließen, musste ich einen anderen wahnwitzigen Trend beobachten. Die Mädels hörten einfach auf Fleisch zu essen. Der Vegetarier-Wahn in den 80ern war eine wahre Herausforderung für mich. Konnte ich diese Menschen, meine Freundinnen, noch ernst nehmen?
Zu einer ordentlichen Mahlzeit gehört Fleisch. Eins meiner schönsten Erlebnisse war, dass meine Freundin Claudia, auch Tierfreundin und Anhängerin der Vegetarier-Abteilung, mich um einen Bissen meines Steaks bat. Ich traute meinen Ohren und Augen nicht, aber tatsächlich sie kaute, schluckte und sagte: Es kam irgendwie über mich, ich hatte Lust auf Fleisch. Ein wirklich schöner Moment!
In meiner Studienzeit konnte ich mir einen Traum verwirklichen: Argentinien. Der Himmel saftigen Steaks. Insgesamt ein Jahr schlemmte ich glückliche argentinische Angusrinder. Und der Argentinier weiß, was wichtig ist. Während wir in Deutschland immer deftige Beilagen zum Fleisch servieren, beschränkt der Argentinier sich auf das Wesentliche. Wer möchte, kann sich einen Salat oder ein Stück Brot dazu nehmen. Argentinier, meine Brüder und Schwestern im Geiste!
Essen ist einfach fundamental wichtig in meinem Leben. Es macht mich glücklich, zu überlegen, was ich mir abends koche. Und Hunger spielt dabei gar nicht die Hauptrolle. Protagonist in meiner Ernährung ist der Appetit, und den habe ich fast immer. Nach einer durchzechten Nacht gibt es nichts Besseres als Gyros Pita zum Frühstück. Das sind kleine Details im täglichen Menü, die mein Leben reicher machen.
Reich muss man auch sein, möchte man glückliche Tiere verspeisen. Eingeschweißte Ware aus dem Supermarkt ist da schon eher jedermanns Sache, aber was da alles so drin steckt, will man gar nicht wissen. Der Schweine-Skandal in Irland macht auch einem Hardcore-Fleischfresser wie mir Sorgen. Würde ich meinen Fleischkonsum aber ausschließlich auf Bio-Fleisch beschränken, wäre ich bettelarm.
Wichtig ist es also einen Metzger seines Vertrauens zu haben! Bei der Wohnungssuche orientiere ich mich daher auch nach diesem Kriterium. Ein appetitlicher, freundlicher Metzger in unmittelbarer Nähe: Das Kriterium wiegt eindeutig schwerer als Altbau und Balkon zusammen.
Logische Konsequenz meines Fleischhungers ist daher, dass mein Partner diese teilt. Bei meinem ersten Date mit meinem Liebsten war ich zunächst sehr enttäuscht, denn er bekochte mich mit Fisch. Dann aber sagte er mir: Ich liebe eigentlich Fleisch viel mehr. Schon immer wollte ich ein Tier selbst schlachten und essen. Seit diesem Augenblick weiß ich, dass er der Mann meiner Träume ist. Waidmanns Heil!
Das einzige was jetzt noch schief gehen könnte? Alptraum für mich wäre in meiner Schwangerschaft Heißhungerattacken auf Süßes zu bekommen. Und mit Schrecken stelle ich mir vor, dass mein Kind irgendwann einmal Vegetarier werden könnte. Wobei einen Vorteil hätte es: Es könnte mir nur die Butter vom Brot essen. Das Fleisch bliebe für mich!
© Cultura21, 20.05.2009
Eine Antwort zu “Aus dem Tagebuch einer Fleischfresserin”
Ist das freier Journalismus oder eine bezahlte Anzeige der Fleischindustrie? Tiere schlachten macht Spaß, Biofleisch ist sauteuer und die ökologische Auswirkung von Massentierhaltung wird nicht mal erwähnt? Wozu so ein unbedarfter Artikel, jeder Primaner könnte ihn besser schreiben.