Neun Jahre lang haben Wissenschaftler der Universität Würzburg in Westafrika in einem groß angelegten, interdisziplinären Forschungsprojekt zum Thema Biodiversität geforscht und dieses auch koordiniert. Am 30. Juni endet das Projekt. In einem für Afrika einzigartigen Informationszentrum in Burkina Faso steht das gesammelte Wissen jetzt einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung.
Am 25. Januar 2010 war es soweit: An diesem Tag konnten Karl Eduard Linsenmair und Robert Foro in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, nach knapp zweijähriger Planungs- und Bauzeit das neue Informationszentrum zur Biodiversität eröffnen. Foro ist Staatssekretär im Forschungsministerium von Burkina Faso, Linsenmair war von 1976 bis 2008 Inhaber des Lehrstuhls für Tierökologie und Tropenbiologie der Universität Würzburg, an dem er sich noch heute als Seniorprofessor engagiert.
„Das Informationszentrum ist quasi der Fußabdruck, den wir in Afrika hinterlassen“, sagt Minnattallah Boutros. Die Biologin ist Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Tropenbiologie und koordiniert seit vielen Jahren die Arbeit des Forschungsverbunds, den Linsenmair maßgeblich mitinitiiert hat. Der Name des Projekts: Biota West. Das Wissen, das in dieser Zeit in Westafrika über Möglichkeiten einer nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen und über den Schutz lokal und kontinental lebensnotwendiger Ökosysteme gewonnen wurde, soll in dem Zentrum ab sofort allen Interessierten zur Verfügung stehen.
Ein Ort nicht nur für Wissenschaftler
Sammlungen von Pflanzen und Tieren bilden einen wichtigen Bestandteil des Zentrums. „Diese wissenschaftlichen Sammlungen sind die Referenz für die Artbestimmung und Lexika für die Diversitätsforschung“, sagt Minnattallah Boutros. Sie helfen Wissenschaftlern bei ihrer Arbeit, unterstützen aber auch Land- und Forstwirte, beispielsweise wenn es um Fragen der Sortenvielfalt und der Wiederaufforstung geht. Studierende finden in dem Informationszentrum jede Menge Lehrmaterial; Bauern können dort Auskunft einholen bei Fragen etwa zur Bodenbewirtschaftung und zum nachhaltigen Ernten.
„Dies ermöglicht die langfristige und breit angelegte Umsetzung der vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen und erhöht damit den Erfolg des Projekts“, sagt die Biologin. Denn dies waren von Anfang an erklärte Ziele des Forschungsverbunds: eine nachhaltige Nutzung und damit der langfristige Schutz von Biodiversität.
Hervorragende Partnerschaft
Rund 200.000 Euro hat das Informationszentrum gekostet; finanziert hat es das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Untergebracht ist es auf dem Campus der Universität Ouagadougou. Seine Realisierung macht die Verantwortlichen stolz: „Es gibt nicht viele Forschungsprojekte, die in Afrika eine komplett neue Institution auf dem Gelände der lokalen Universität bauen dürfen“, sagt Minnattallah Boutros.
Dass es in diesem Fall geklappt hat, sei auch der „hervorragenden Partnerschaft mit der Uni Ouagadougou“ zu verdanken. So habe sich beispielsweise die afrikanische Universität dazu verpflichtet, den laufenden Betrieb und einen Teil des Personals für das Informationszentrum in den kommenden Jahren zu gewährleisten, „was bei der chronischen Finanznot fast aller afrikanischen Universitäten keinesfalls eine Selbstverständlichkeit ist“, wie Karl Eduard Linsenmair ergänzt.
Der Biota Afrika-Forschungsverbund
Um seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen, die Deutschland durch die Unterzeichnung der Biodiversitätskonvention auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio eingegangen ist, rief das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Jahr 1999 das Biolog-Programm (Biodiversität und Global Change) ins Leben. Ziel dieses internationalen und interdisziplinären Forschungsprogramms ist es, ein besseres Verständnis für die Rolle der biologischen Vielfalt in den Ökosystemen zu erreichen.
Ein wichtiger Teil des Biolog-Netzwerks ist der Biota- Forschungsverbund (Biodiversity Monitoring Transect Analysis in Africa), der einzelne Aspekte der afrikanischen Biodiversität quer durch vom globalen Wandel besonders betroffene Teile des ganzen Kontinents erforscht. Der Verbund ist in drei Teilbereiche gegliedert:
Biota Süd, West und Ost. Biotas Ziel ist es, einen umfassenden wissenschaftlichen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung und langfristigen Erhaltung der afrikanischen Biodiversität zu leisten.
In den vergangenen Jahren hat sich Biota zu einem Projekt mit Modellcharakter in der internationalen Biodiversitätsforschung entwickelt und ist deswegen eines der Leuchtturm-Projekte der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt geworden: In dem Netzwerk kooperieren etwa 30 Universitäten aus Benin, Burkina Faso, der Elfenbeinküste, Kenia, Uganda, Namibia, Südafrika und Deutschland miteinander.