Viele Ölkonzerne dringen in immer tiefere Gewässer vor, um neue Quellen zu erschließen. Steigende Risiken nehmen sie dabei in Kauf und werden ihrer Verantwortung gegenüber Mensch und Natur nicht gerecht, sagt eine Studie der Rating-Agentur oekom research. Jederzeit könnten Unfälle wie die Explosion der Bohrplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko wieder passieren. Die Studie der auf nachhaltige Investments spezialisierten Rating-Agentur zeigt, welche Ölkonzerne glaubhaft daran arbeiten, solche Risiken und andere schädliche Einflüsse auf Mensch und Umwelt zu verringern und welche weit davon entfernt sind.
oekom research hat 27 der weltweit größten, börsennotierten Öl- und Gaskonzerne untersucht und bewertet, wie diese Unternehmen mit ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung umgehen. Auf einer Skala von der Bestnote A+ bis D- erhielt der österreichische Konzern OMV mit der Note B die beste Bewertung. Diese beruhte unter anderem auf der „vergleichsweise niedrigen Energieintensität der OMV-Raffinerien in Österreich und Deutschland“ sowie auf einem „detaillierten wirtschaftsethischen Verhaltenskodex“ und angemessenen Maßnahmen zu dessen Einhaltung.
Die Plätze zwei und drei belegen Snam Rete Gas aus Italien und Total aus Frankreich. BP dagegen schaffte es nicht in die Gruppe der Branchenbesten. Seit zehn Jahren schon rangiert BP in regelmäßig wiederholten Analysen der Forscher unterhalb der Spitzengruppe. Als Gründe dafür führen die Analysten „Versäumnisse und Schwachstellen in den Bereichen Anlagensicherheit und Arbeitsschutz“ an. Diese hätten bei dem britischen Konzern bereits vor der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zu Umwelt- und Arbeitsrechtverstößen geführt.
Kristina Rüter, Research Director der Rating-Agentur, resümiert: „Insgesamt agieren alle analysierten Unternehmen viel zu zögerlich in Sachen Nachhaltigkeit. Im Wettlauf um die letzten fossilen Ressourcen gehen sie zunehmend höhere, unverantwortliche Risiken ein“. Neue Ölfelder seien nur noch dort zu finden, wo noch niemand gesucht habe, sagt der Wissenschaftler Catalin Teodoriu vom Institut für Erdöl- und Erdgastechnik der Technischen Universität Clausthal, also immer tiefer im Meer, in der Arktis und in der Antarktis. „Unser Hunger nach Öl treibt uns in die Tiefsee“, so Teodoriu.
Dass die Ölkonzerne jedoch den höheren technischen Anforderungen einer Tiefseebohrung nicht immer gewachsen sind, zeigt die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko, die von einer BP-Bohrplattform ausging. Nach Ansicht von Kristina Rüter von oekom research sind die Risiken einer solchen, an die Grenzen des Möglichen gehenden Bohr- und Förderpraxis immens: „Jederzeit kann anderswo der nächste Unfall passieren“.
Verheerend wirken solche Unfälle sich nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf die Unternehmen selbst aus. BP muss riesige Geldsummen für Aufräumarbeiten und Entschädigungen aufwenden, das Image des Unternehmens ist schwer beschädigt. Dazu beigetragen hat nach Ansicht von Experten auch eine verfehlte Kommunikationspolitik des Unternehmens. Dem Vorstandsvorsitzenden von BP, Tony Hayward, habe eine „klare Kommunikationsstrategie und das Gespür für diejenigen, die seine Botschaften interpretieren“, gefehlt, sagt der Krisenkommunikationsexperte Peter Metzinger aus der Schweiz.