20. Juni 2012 | Enquetekommission uneins

Wie weit wollen wir noch wachsen?

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von Richard Rother (taz). Berlin


In der Enquetekommission des Bundestags zum Wachstum gibt es Differenzen. Für die einen ist „Wachstum immer auch qualitativ“, andere warnen vor Fetischismus.

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Braucht Deutschland wirtschaftliches Wachstum, oder zerstört dieses Wachstum die natürlichen Lebensgrundlagen? Und wenn Wachstum nötig sein sollte, wie müsste es dann beschaffen sein?
Diese und andere Fragen stellte sich Anfang 2012 eine Enquetekommission des Bundestages. Und sie ist dabei an einem Punkt angekommen, „wo es spannend wird“, wie die Kommissionsvorsitzende Daniela Kolbe (SPD) am 16. Januar bei einer Sitzung der Kommission in Berlin sagte. Schließlich haben diverse Arbeitsgruppen der Kommission ihre Zwischenberichte mittlerweile vorgelegt.

Dabei traten wesentliche Differenzen zwischen den in der Kommission arbeitenden Politikern und Wissenschaftlern zu Tage. Zentraler Streitpunkt war, ob die Begriffe Wachstum und Entwicklung etwas Ähnliches beschreiben oder etwas Unterschiedliches sind.
Der Volkswirt Karl-Heinz Paqué (FDP), der sich in dieser Frage als „stockkonservativ“ bezeichnete, hob hervor, dass man den Wachstumsbegriff nicht verengen dürfe. Wachstum sei immer quantitativ und qualitativ. „Wachstum ist Entwicklung, Entwicklung ist Wachstum; alles andere ist irreführend.“ Man dürfe das Wachstum nicht verteufeln.

Demgegenüber betonte Michael Müller (SPD), dass „wir mit dem alten Begriff des Wachstums nicht mehr hinkommen“. Entwicklung sei mehr als Wachstum, sie beinhalte die soziale und ökologische Verträglichkeit ebenso wie demokratische Prozesse und die technologische Innovationskraft.

Vorsicht vor dem Rebound-Effekt

Auch Ulla Lötzer (Linke) forderte eine Abkehr vom „Fetisch Wachstum“. Die Frage sei, ob Wachstum ein Ziel an sich ist oder ein Mittel zum Zweck. „Zentrales Ziel sollte die gesellschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung sein.“
Schließlich sei ein Großteil der gesellschaftlichen Entwicklung, etwa ehrenamtliche Arbeit oder die Betreuung von Angehörigen, nicht geldvermittelt, aber dennoch wichtig für den Wohlstand der Gesellschaft. Hermann E. Ott (Grüne) wandte sich dagegen, Wachstum als Fetisch zu behandeln – auch nicht in der Kritik der Wachstumsorientierung.

Judith Skudelny (FDP) betonte hingegen, dass sich die Situation der Umwelt in Deutschland in den letzten 20 Jahren enorm verbessert habe. Problematisch sei jedoch der sogenannte Rebound-Effekt.
Damit ist gemeint, dass Effizienzsteigerungen häufig dazu führen, dass letztlich mehr Ressourcen verbraucht werden, weil mehr konsumiert wird. Ein Beispiel: Immer leistungsfähigere Rechner verleiten dazu, häufiger im Internet zu surfen und mehr Daten zu speichern, was letztlich den Energieverbrauch doch steigert.

Profil: taz – die Tageszeitung

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