Ob Greenpeace-Aktivisten Schornsteine besteigen oder mit dem Schlauchboot im Südpolarmeer gegen Walfänger protestieren: Fast immer sind es freiwillige Helfer, die solche spektakulären Aktionen tragen. Ein Forscher der Universität Bonn, selbst jahrelang Greenpeace-Mitarbeiter, gibt nun in einer Studie Einblick in das „Ehrenamts- Management“ der Umweltschutzorganisation. Demnach gelingt es Greenpeace unter anderem deshalb so gut, Freiwillige an sich zu binden, weil die Organisation viel Geld in die Ausbildung ihrer ehrenamtlichen Kräfte steckt. Fazit der Studie, die nun als Buch erschienen ist: Motivierte Ehrenamtliche gibt es nicht zum Nulltarif.
Jahr für Jahr leisten freiwillige Helfer für Greenpeace allein in Deutschland rund eine Millionen Arbeitsstunden. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille: Gleichzeitig gibt die Umweltschutzorganisation pro Ehrenamtlichen zwischen 800 und 1.000 Euro jährlich für die Betreuung und Weiterbildung aus. Der Bonner Sozialwissenschaftler Bernd Wallraff sieht darin einen der Schlüsselfaktoren, der die ehrenamtliche Arbeit bei Greenpeace so erfolgreich macht. „Knapp 60 Prozent aller Helfer benötigen für ihre ehrenamtliche Tätigkeit Fachwissen oder bestimmte Fertigkeiten, aber nur gut 10 Prozent bringen diese anfangs schon mit“, sagt er. „Viele Greenpeace-Aktivisten erwerben also Humankapital, von dem sie auch in anderen Bereichen ihres Lebens profitieren.“
Wallraff weiß, wovon er spricht: Er war selbst zwölf Jahre lang unentgeltlich für Greenpeace tätig. Für seine jetzt als Buch erschienene repräsentative Studie hat er knapp 1.300 freiwillige Helfer der Organisation befragt. Dabei ging es ihm unter anderem um die Motive, warum sich Menschen mehrere Stunden wöchentlich ohne Bezahlung engagieren. „Die Antworten zeigen, dass bei dieser Entscheidung nicht nur altruistische Gründe eine Rolle spielen“, betont er. „Gerade diejenigen, die viel Zeit in ihre ehrenamtliche Arbeit stecken, gaben als Motiv auch persönliche Vorteile an – etwa die Möglichkeit, mit Gleichgesinnten zusammenzutreffen, oder eben auch, neue Fertigkeiten zu erlernen.“
Ehrenamt gebe es nicht zum Nulltarif, ist Wallraff überzeugt. „Organisationen müssen – so paradox sich das anhören mag – ihre Arbeit mit ehrenamtlichen Kräften professionalisieren, wenn sie erfolgreich sein wollen.“ Greenpeace gilt als Speerspitze für diese Entwicklung: In den siebziger Jahren von ein paar Kanadiern und Amerikanern gegründet, zählt die Organisation heute weltweit neben Amnesty International zu den wohl bekanntesten NGOs. Diese Internationalisierung konnte nur durch konsequente Einbindung ehrenamtlicher Kräfte gelingen. „Wallraff hat die Erfolgsfaktoren unserer Arbeit mit Ehrenamtlichen gut herausgearbeitet“, erklärt Dr.
Dietmar Kress, Leiter des Aktionsnetzes bei Greenpeace. Und betont:
„Ohne Ehrenamtliche wäre unsere Arbeit so nicht möglich.“
Das Buch
Bernd Wallraff: Professionelles Management von Ehrenamtlichen.
Eine empirische Studie am Beispiel von Greenpeace Deutschland. Budrich UniPress Ltd., ISBN 3940755400, 234 Seite, 24,90 Euro