6. Januar 2010 | Umweltgerechtigkeit

Nicht alle atmen die gleiche Luft

von Josef König (Ruhr-Universität). Bochum


Bei allen sozialen Unterschieden scheint doch eines klar: Wir atmen alle die gleiche Luft. Das stimmt aber nicht, zeigte eine Studie von Bochumer und Essener Umweltmedizinern und Epidemiologen. Sozialstatus und Umweltbelastung hängen zusammen. Wer es sich leisten kann, zieht weg vom Dreck.

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Die Studie der Ruhr Universität Bochum (RUB) zur sozialen Ungleichheit und Umweltbelastung stützt die These, dass Kinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus Umweltbelastungen stärker ausgesetzt sind als Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus. Für die Studie sind Prof. Michael Wilhelm (Abteilung für Hygiene, Sozial- und Umweltmedizin der RUB) und Dr. Barbara Hoffmann (Uniklinikum Essen) verantwortlich.

Der Schmutz verteilt sich nicht

Grundlage für die Untersuchung war die sog. Hot-Spot-Studie, die RUB- Umweltmediziner im Auftrag des NRW-Umweltministeriums (MUNLV) durchgeführt hatten. Sie pickten sich im Jahr 2000 drei Standorte in NRW heraus, in denen wegen der Nähe zur Industrie Grenzwerte für Luftschadstoffe überschritten wurden. Messungen der Luftverschmutzung zeigten, dass sich die Verunreinigungen nicht, wie man annehmen könnte, schnell und gleichmäßig im Stadtteil verteilen. „In ein und demselben Stadtviertel kann man sowohl in hoch belasteten Gebieten wohnen als auch in Gebieten, in denen nur eine Hintergrundbelastung messbar ist“, verdeutlicht Prof. Wilhelm. „Personen, die näher an Werken wohnen, sind natürlich auch stärker belastet.“ Allein im Stadtteil Bruckhausen in Duisburg Nord lag die Konzentration von Staub in der Luft zwischen weniger als 50 Mikrogramm und bis 100 Mikrogramm pro Kubikmeter. Zwischen diesen Extremwerten lagen mitunter nur wenige Hundert Meter.

Wer es sich leisten kann, zieht weg vom Dreck

Wie wirkt sich diese Belastung auf die dort lebenden Menschen aus? Um diese Frage zu klären, untersuchten die Forscher insgesamt 968 Vorschulkinder aus den ausgewählten Stadtvierteln und zum Vergleich in Borken, wo die Schwerindustrie fehlt. Befragungen der Eltern, Allergietests, Lungenfunktionstests, Blut- und Urinuntersuchungen fanden im Rahmen der Einschulungsuntersuchung im Jahr 2000 statt. Die Fragebögen enthielten auch umfangreiche Fragen zum Sozialstatus der Familien, die Dr. Barbara Hoffmann dann zu den Befunden in Beziehung setzte. Und es zeigte sich tatsächlich: Kinder aus Familien, deren Eltern einen niedrigen Bildungsstand haben, arbeitslos oder arm sind, sind häufiger einer stärkeren Luftverschmutzung ausgesetzt als andere und leben öfter in ungünstigen Wohnverhältnissen. „Es ist ganz einfach“, sagt Prof. Wilhelm: „Wer es sich leisten kann, zieht aus den Gegenden mit starker Luftverschmutzung in direkter Nachbarschaft zum Werk weg. Die, die es sich nicht leisten können, sind die, die zurückbleiben.“

© Ruhr-Universität Bochum, 6.1.2010

Featured Image: Claudia Hautumm / PIXELIO


www.rub.de/rubin. Link veraltet. 4.4.24


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