26. Juli 2010 | DDR

Spätfolgen politischer Traumatisierung

von Bärbel Adams. Leipzig


In einer Pilotstudie untersucht die Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig unter Leitung von Elmar Brähler welche Auswirkungen politische Inhaftierung in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone und DDR auf die nachfolgende Generation hat. Dafür werden betroffene Nachkommen gesucht.

Lesezeit 2 Minuten

Die Kinder von politisch Inhaftierten stehen im Fokus eines einjährigen Forschungsprojekts, das an der Abteilung Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie besteht. Darin soll untersucht werden, in wieweit Traumatisierungen, die in der Zeit der sowjetischen Besatzungszone (SBZ)/DDR entstanden sind, an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden. Dafür ist in der Arbeitsgruppe um Gregor Weißflog ein persönlicher Fragebogen entwickelt worden. Das Projekt wird von der Universität Leipzig im Rahmen eines NachwuchswissenschaftlerInnen-Programms der Medizinischen Fakultät
(Formel-1) gefördert.

Die Formen politischer Verfolgung in der ehemaligen SBZ/DDR waren vielseitig und weit reichend. Allein 300.000 Personen waren von einer Inhaftierung aus politischen Gründen (z.B. Republikflucht, staatsfeindliche Hetze, öffentliche Herabwürdigung des Systems und Staatsverleumdung, Verbindungsaufnahme und Nachrichtenübermittlung an das westliche Ausland) betroffen. Als gesichert gilt, dass politische Inhaftierung kurz- und langfristig in Abhängigkeit von den individuellen Haft- und Verarbeitungsbedingungen bei den Opfern zu verschiedenen körperlichen und seelischen Störungen führte, die teilweise bis heute andauern können. Das erlebte Trauma einer politischen Verfolgung kann nicht nur unmittelbare soziale und gesundheitliche Auswirkungen auf die Betroffenen haben, sondern auch auf die Nachkommen.

Doch genau wie nicht alle Betroffenen krank werden, wird auch nicht jedes Kind eines Betroffenen krank. Jeder Mensch verfügt über Ressourcen, die den Menschen vor negativen Auswirkungen traumatischer Erfahrungen schützt. Mit der Befragung soll herausgefunden werden, wie viele Kinder politisch Inhaftierter heute unter den Auswirkungen leiden und warum. Insgesamt 100 Personen werden für die Teilnahme gesucht. Voraussetzungen sind:

  • Personen, die eine Mutter und/oder einen Vater haben, die in der ehemaligen SBZ/DDR aus politischen Gründen inhaftiert waren,
  • Teilnahmealter mindestens 18 Jahre
  • persönlich nicht inhaftiert gewesen.

Interessenten wird auf Anfrage ein Fragebogen zugeschickt. Alle Angaben werden vertraulich behandelt. Die Kosten für das Porto werden übernommen.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind besonders aus Sicht der medizinischen Versorgung wichtig. Betroffene Nachkommen bedürfen in bestimmten Fällen einer professionellen psychotherapeutischen bzw. beraterischen Hilfe. Mit dem Projekt sollen auch die Behandelnden sensibilisiert werden. Zudem soll die Untersuchung den Aufarbeitungsprozess der jüngsten deutschen Geschichte vorantreiben und einen öffentlichen Diskurs anregen.

Profil: www.uni-leipzig.de

Featured Image: Michael Werner Nickel / PIXELIO



2 Antworten zu “Spätfolgen politischer Traumatisierung”

  1. ich leide auch unter meiner sozialdemokratischen erziehung unter willy brandt regentenschaft die meine eltern zu tiefst begrüssten.jetzt bin ich ein nichts,da es keinen einträge im internet über mich zu lesen gibt,nur im telefonbuch.ich will auch nen fragebogen…
    mfg
    k

  2. Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich würde gerne diesen Fragebogen ausfüllen, da ich persönlich betroffen bin und noch heute mit 44 Jahren stark unter den Auswirkungen meiner Traumatisierung leide. Mit frdl. Grüßen, C.Hellerung

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