18. Dezember 2012 | Energiewende

Gibt es noch eine solare Zukunft?

von Robert Piterek. Düsseldorf


Die Debatte um das EEG, schamlos betriebene Lobby-Politik und die Strompreislüge diskreditieren die erneuerbaren Energien. Die fossilen Energie-Riesen sehen gerade durch die starke Zunahme von Solarstromanlagen ihre Gewinne schwinden. Wenn jeder Hausbesitzer zum Selbstversorger wird, dann bricht eine beachtliche Einnahmequelle weg. Wen wundert da die Vernebelungstaktik? Die Bürger sind verunsichert und die Solarindustrie muss um ihre Existenz kämpfen. Ein Interview mit Willi Wohlfart (SUNWORX-Solar).

Lesezeit 4 Minuten

Statt die Energiewende weiter voran zu treiben, wird immer wieder versucht, die Gewinne der Großen zu sichern. Wie beispielsweise durch teure Off-Shore-Windkraftanlagen. Hier ist die FDP auf einmal der große Befürworter und genehmigt den Betreibern sogar noch eine Ausfallentschädigung, wenn die Anlagen aufgrund fehlender Stromleitungen nicht ins Netz einspeisen können. Willi Wohlfart (SUNWORX-Solar) ärgert sich über derartige Maßnahmen und bezieht Stellung zur aktuellen Lage.

Piterek: Wie beurteilen sie die Lage der Photovoltaik im Augenblick?
W. Wohlfart: Die Photovoltaik ist nur deshalb so groß geworden, weil die kleinen und mittelständischen Unternehmen diese Branche hochgezogen haben. Die großen Player in der Energieversorgung haben da einiges verschlafen und unterschätzt. Inzwischen sehen sie die vielen, kleinen Solaranlagen, die für so manchen Privatmann, aber auch für kleinere Unternehmen Energieunabhängigkeit bedeuten. Bezahlbare Energiespeicher machen das inzwischen möglich und die Entwicklung geht rasant voran.
Die Diskussion und das politische Hin und Her um die Kürzung und Abschaffung der Solarförderung haben einer Vielzahl auch namhafter Unternehmen geschadet. Nur wer Reserven hatte, überstand die Durststrecken der vergangenen Monate. Die Pleitewelle sprach für sich und ist noch in vollem Gange. Seit die schwarz-gelbe Bundesregierung, getrieben durch Bundeswirtschaftsminister Rösler und dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Brüderle, zum Kahlschlag in der PV-Industrie angesetzt haben, sind tausende Arbeitsplätze verloren gegangen und es werden noch viele folgen.
Nicht nur die Großen mit Marktmacht sollten eine Überlebenschance haben, sondern vor allem die vielen kleinen, die die Module auf die Dächer bringen und später dafür sorgen, dass die Anlagen ihren Besitzern ordentliche Stromerträge bringen! Dachdecker, Elektriker, Handwerker aus dem Baugewerbe – das sind die Arbeitsplätze, die die Branche geschaffen hat und um deren Erhalt es geht. Sie sind besonders wertvoll, da sie in vielen, besonders auch strukturschwachen Regionen entstanden sind und dort den Menschen ein Einkommen sichern und die Abwanderungen verhindern.

Sehen Sie eine Zukunft für die Solarbranche?
Der Solarmarkt 2013 wird sicher noch schwieriger. Die Kreativität der Unternehmer ist gefragt. Nischen müssen besetzt werden.  Individuelle Energiekonzepte sind zu erarbeiten.
Die Marktbereinigung trifft auch im nächsten Jahr nicht nur die Solarmodulhersteller. Im Groß- und Einzelhandel, aber auch bei den Installateuren wird man ums Überleben kämpfen. Für SUNWORX bin ich verhalten optimistisch. Wir sind mittlerweile sehr breit aufgestellt und unsere Innovationsfreude schafft Geschäftspotential für die Zukunft.

Wo sehen Sie die Chancen am Markt für 2013?
Getrieben durch weitere Strompreiserhöhungen und durch bezahlbare Energiespeichermöglichkeiten  sehe ich den Privatkundenmarkt wachsen. Die Eigenversorgung ist jetzt preislich schon attraktiver. Dabei spielt die Langlebigkeit der Anlagen eine große Rolle. Die Qualität der Komponenten steht im Vordergrund. Dies ist eine Chance für deutsche Modulhersteller.
Im Geschäftskundenbereich liegt der Fokus noch immer auf Renditen durch das EEG. Nur langsam geht ein Wandel hin zu Energiekonzepten mit Eigenverbrauch. Günstige (Fossil-) Stromtarife für die Industrie bremsen den Einsatz erneuerbarer Energien gewaltig aus.
Bei den Investoren sehe ich den Markt für Solar weiterhin rückläufig. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis Modelle entwickelt sind, die ohne eine EEG-Vergütung die bisherige Wirtschaftlichkeit erreichen. Zahlreiche Modelle werden entwickelt, aber es ist noch nicht soweit.

Wie empfinden Sie das Hin und Her unserer Politiker? Was sagen Sie zur Strompreisdiskussion in diesem Zusammenhang?
Hier fehlen einem fast die Worte oder sie würden zu heftig und zu deutlich ausfallen. Glücklicherweise finden inzwischen auch immer mehr Bürger die schamlose Lobbypolitik der schwarz-gelben Regierung, allen voran der Herren Brüderle und Rösler, unerträglich. Wir erfahren das häufig bei unseren Gesprächen mit Kunden und Interessenten. Viele Bürger nehmen die Energiewende selbst in die Hand und engagieren sich in Energiegenossenschaften etc.
So wie ich das sehe, wird Umweltminister Altmeier von der FDP ebenso blockiert, wie damals Herr Röttgen. Für Zukunftsbranchen, wie die Erneuerbaren Energien ist dieses politische Gezänk tödlich. Leider müssen die Herren für die Konsequenzen und Auswirkungen ihrer unberechenbaren Politik nicht selbst haften. Leidtragende bleiben die Unternehmen und die Umwelt.
Was mich ebenso aufbringt, ist die Strompreisdebatte, vor allem das dreiste Märchen vom teuren Ökostrom. Was konservative Politiker und Industrievertreter lieber nicht sagen ist, dass Atom- und Kohleenergie die Verbraucher unter dem Strich deutlich mehr als Ökostrom kosten. Das hat auch eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) gezeigt. Atomkraft und Kohle wurden vom Steuerzahler über Jahrzehnte subventioniert. Die Kosten für die Energiewende und die erneuerbaren Energien sind dagegen wesentlich niedriger. Seit 1970 wurde Atomstrom mit mindestens 187 Milliarden Euro gefördert. Energie aus Stein- und Braunkohle mit 177 Milliarden beziehungsweise 65 Milliarden. Im Vergleich dazu sind 54 Milliarden für erneuerbare Energien eher gering! Und trotzdem wird weiterhin vom teuren Ökostrom gesprochen und geschrieben, wider besseren Wissens.

Wie gehen Sie das Jahr 2013 an?
Ich werde auch weiterhin mit meinem Team an Konzepten für die Energieunabhängigkeit arbeiten. Dabei sprechen wir verstärkt die Privathaushalte an. 45 Quadratmeter Dachfläche reichen bereits für die Stromversorgung einer vierköpfigen Familie aus. 15 bis 17 Cent pro Kilowattstunde kostet der Solarstrom vom eigenen Dach und liegt so bereits heute zwischen acht und zehn Cent unter dem Preis für Haushaltsstrom, je nach Stromanbieter und Art des erzeugten Stroms. Das ist ein Anreiz bei ständig steigenden Strompreisen und macht den selbsterzeugten Solarstrom immer wertvoller. Die Erzeugungskosten bleiben gleich, egal ob die Energieversorger weiter an der Preisschraube drehen. Das gibt Preisstabilität für 25 Jahre und länger, je nach Qualität der Anlage!

Im Unternehmen versuchen wir Ökonomie, Ökologie und soziale Gerechtigkeit zu leben. Für mich ist das der richtige Weg auf lange Sicht wirtschaftlich erfolgreich zu sein und unseren nachfolgenden Generationen eine intakte Umwelt zu erhalten.
Hierfür lohnt es sich zu kämpfen!

Featured Image: Robert Piterek



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