13. September 2010 | Starke Atom-Lobby

Die nukleare Entdemokratisierung der Politik

von Frauke Distelrath. Frankfurt am Main


Am 21. August ließen gut 40 namhafte Manager, Politiker und Prominente Anzeigen in großen Tageszeitungen veröffentlichen, um eine Verlängerung der Atom-Laufzeiten zu fordern. Zu den Unterzeichnern zählten Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Bahn-Chef Rüdiger Grube, RWE-Chef Jürgen Großmann und die früheren SPD-Minister Otto Schily und Wolfgang Clement. Einige Wochen später bekamen sie, was sie wollten.

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Die Reaktion der Bundesregierung auf den so genannten energiepolitischen Appell der Atom-Lobby und ihrer Unterstützer ist nach Meinung des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac Ausdruck einer zunehmenden Entdemokratisierung der Politik. „Eine Anzeige von 40 Managern und sonstigen Promis wiegt für die Bundesregierung um ein Vielfaches schwerer als die Tatsache, dass die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gegen eine Verlängerung der vereinbarten Atomkraftwerks-Laufzeiten ist“, sagte Detlev von Larcher vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis.

Erschreckenderweise kennzeichne diese Schieflage aber auch in weiten Teilen die öffentliche Debatte. So gehe es fast nur noch um die Frage, ob die Bundesregierung für ihr dickes Geschenk an die Stromkonzerne überhaupt etwas zurückbekomme, die geplante Laufzeitverlängerung an sich werde kaum noch in Frage gestellt. „Bei aller angemessenen Kritik am erpresserischen Auftreten der Stromgiganten: Der eigentliche Skandal liegt darin, dass sie zu dieser Erpressung in der Lage sind“, sagte Detlev von Larcher. Eine Politik, die die Dominanz von Konzerninteressen über das Allgemeinwohl als gegeben hinnehme, trage maßgeblich zur viel beklagten Politikverdrossenheit bei. Dabei zeige die Auseinandersetzung um den Atomausstieg erneut, wie richtig die Grundforderung von Attac nach einer Entmachtung großer Konzerne sei.

Attac fordert schon lange den sofortigen Atomausstieg und – unabhängig davon – eine höhere Besteuerung der gigantischen Gewinne der Stromkonzerne. Die Brennelementesteuer könnte ein kleiner Anfang sein. „Dass sich die Stromkonzerne trotz ihrer enormen Gewinne so heftig dagegen wehren, die Sanierung der Asse aber den Steuerzahlern zumuten, ist ein weiterer Skandal“, stellte Detlev von Larcher fest.
Mittelfristig setzt sich Attac für eine konzernfreie, soziale, ökologische und demokratisch kontrollierte Energieversorgung ein: Stromkonzerne und Übertragungsnetze sollen in öffentliches Eigentum überführt und in kleinere Einheiten zerlegt werden, die demokratisch kontrollierbar sind.

Die Globalisierungskritiker rufen dazu auf, sich massenweise an den für Herbst geplanten Anti-Atomprotesten wie der Großdemonstration am 18. September in Berlin zu beteiligen. „Die schamlose Kampagne der Stromkonzerne muss den Widerstand der Bürgerinnen und Bürger gegen eine Verlängerung der Atomkraftwerkslaufzeiten stärken“, sagte Detlev von Larcher. Bereits am Samstag beteiligten sich 4000 Menschen in 41 Wahlkreisen an der Anti-Atom-Aktion „Mal richtig abschalten“.

Profil: www.attac.de

Featured Image: Volker Wiedemann / PIXELIO



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