2. November 2009 | Polit-Talkshows

Bühnen der Macht

von Bernd Hegen. Universität Koblenz-Landau


In der neuen Publikation „Polit-Talkshows – Bühnen der Macht“ legen drei neue Bundesminister ausführlich dar, was sie von Polit-Talkshows wie hartaberfair, Maybrit Illner oder Anne Will halten.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor wenigen Tagen ihr Kabinett gebildet. Die drei neu vereidigten Bundesminister Niebel, Ramsauer und Brüderle, alle durchaus medienerfahren, sehen Polittalkshows erstaunlich unterschiedlich, auch wenn sie das Format prinzipiell befürworten.

Bundestagspräsident Norbert Lammert formulierte in der Rede bei seiner Wiederwahl Kritik am öffentlich-rechtlichen Fernsehen, welche die konstituierende Sitzung des Bundestages nicht live übertragen hatte.
Mit dieser Kritik insbesondere an ARD und ZDF steht Lammert nicht alleine da. In dem von Medienwissenschaftler Sascha Michel (Universität Koblenz-Landau) herausgegebenen Buch „Polit-Talkshows – Bühnen der Macht. Ein Blick hinter die Kulissen“ legen drei neue Minister ausführlich dar, was sie von Polit-Talkshows wie hartaberfair, Maybrit Illner oder Anne Will halten. Dabei ist es gerade der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, der sich der Kritik am öffentlich- rechtlichen Fernsehen anschließt: „Insbesondere das öffentlich- rechtliche Fernsehen sollte darüber nachdenken, ob es seinem Auftrag nachkommt, wenn es sich allzu sehr in die eigenen Politmagazine verliebt, anstatt den Dialog zwischen den Bürgern und ihren politischen Vertretern zu befördern“. Niebel fordert vehement eine Weiterentwicklung der Formate, mehr Dialog vor, während und nach einer Gesprächsrunde und den Einsatz verschiedener Medien.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer betont, dass sich Sender und Redaktionen ihrer großen Verantwortung bei der Informationsvermittlung politischer Themen bewusst sein sollten: „Da die politische Talkshow zu einem festen Bestandteil der Informationsbeschaffung politisch interessierter Bürger gehört, ist die wichtigste Herausforderung für dieses Format, sich auch in Zukunft kritisch mit sich selbst und dem Verhältnis von Talk und Show auseinanderzusetzen. Mehr Talk als Show sollte hier das Kredo sein“. Ramsauer warnt ferner eindringlich vor einer Verlagerung von Politik in Talkshows: „Politik gehört in den politischen Raum“.

Rainer Brüderle, neuer Bundeswirtschaftsminister, begrüßt die Möglichkeit der Übersetzungs- und Vermittlungsleistung von Polit-
Talkshows: „Neben der bloßen Abbildung von Fakten besteht hier auch die Möglichkeit der Analyse und der kritischen Auseinandersetzung. Für den Zuschauer eine gelungene Mischung aus Information und Argumentation, ein medial attraktives und politisch gehaltvolles Produkt“. Eine wichtige Entwicklung sieht Brüderle in der Einbeziehung von „Normalbürgern“, da „hiermit der Kreis der Ausschließlichkeit und der Exklusivität durchbrochen wird“.

Publikation

Michel, Sascha/Heiko Girnth (Herausgeber): Polit-Talkshows – Bühnen der Macht. Ein Blick hinter die Kulissen. Über Sinn, Bedeutung und Kritik von und an politischen Talkshows (2009)

© Universität Koblenz-Landau, 02.11.2009



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